Am 07. März war internationaler Frauentag. Wir nehmen dies zum Anlass, um noch einmal auf die Situation von Frauen in Unternehmen aufmerksam zu machen. Denn selbst heute ist es immer noch schwer für Frauen Führungspositionen zu erlangen.
Frauen schaffen es nicht an die Spitze ihrer Berufe, wo auch immer in der Welt.
Sheryl Sandberg weist in ihrem TED Talk nicht nur auf Probleme hin, sondern gibt zugleich Tipps, wie Frauen agieren müssen, um bessere Chancen am Arbeitsplatz zu erhalten. Ihre lebendige Erzählweise führt in eine von Männern beherrschte Welt, lässt aber auch genug Spielraum für Veränderungen.
Sheryl Sandberg – Warum wir zu wenige weibliche Führungskräfte haben
Wir haben auch ein anderes Problem, denn Frauen sind mit härteren Entscheidungen konfrontiert, die zwischen beruflichem Erfolg und persönlicher Verwirklichung liegen. Eine aktuelle Studie in den USAzeigte, dass von den verheirateten gehobenen Führungskräften, zwei Drittel der verheirateten Männer Kinder haben aber nur ein Drittel der verheirateten Frauen. Vor einigen Jahren war ich in New York um einen Deal abzuschließen, und ich war bei einer dieser schicken New Yorker Private-Equity-Firmen, Ihr könnt euch das vorstellen. Und ich bin also in der Besprechung, die ungefähr 3 Stunden dauert und nach 2 Stunden fällt die biologisch bedingte Pause an und alle stehen auf, und der Partner, der die Besprechung leitet, sieht auf einmal sehr verlegen aus. Und es wurde mir klar, dass er nicht wusste wo in seiner Firma die Damentoilette war. Ich schaute mich also nach Umzugskisten um, denn ich dachte, dass sie gerade erst eingezogen waren, aber ich sah keine. Also sagte ich: “Sind Sie gerade erst in dieses Büro eingezogen?” Und er sagte: “Nein, wir sind hier schon seit ungefähr einem Jahr.” Und ich sagte: “Heißt das etwa, dass ich die einzige Frau bin, die innerhalb eines Jahres in diesem Büro einen Deal verhandelt hat?” Und er schaut mich an und sagt: “Ja. Oder vielleicht sind Sie auch nur die einzige, die zur Toilette musste.
Die Frage ist also, wie können wir das beheben? Wie können wir die Zahlen an der Spitze verändern?Wie können wir es anders machen? Ich möchte damit beginnen zu sagen, ich spreche hierüber —darüber, Frauen in der Arbeitswelt zu halten — weil ich wirklich denke, dass das die Antwort ist. Im einkommensstarken Bereich unserer Arbeitswelt, bei den Personen, welche die Spitze erreichen —Fortune-500-Vorstandsjobs, oder Vergleichbares in anderen Industrien — ist das Problem, ich bin davon überzeugt, dass Frauen abspringen. Menschen reden sehr viel darüber, und sie reden über Dinge wie flexible Arbeitszeit und Mentoring und die Programme, die Firmen haben sollten, um Frauen schulen. Ich möchte über nichts von alldem heute sprechen — obwohl das alles sehr wichtig ist. Heute möchte ich mich darauf konzentrieren, was wir als Einzelpersonen tun können. Was müssen wir uns selbst als Botschaft mitgeben? Was sind die Botschaften für die Frauen, die mit und für uns arbeiten? Was sind die Botschaften für unsere Töchter?
Ich möchte am Anfang klarstellen, dass diese Rede frei von Urteilen ist. Ich habe nicht die richtige Antwort; ich habe sie noch nicht einmal für mich selbst. Am Montag verließ ich San Francisco, meinen Heimatort, und flog zu dieser Konferenz. Als ich meine dreijährige Tochter zur Vorschule brachte,klammerte sie sich an mein Bein, und weinte: “Mama, nicht in das Flugzeug steigen.” Das ist schwer. Ich fühle mich manchmal schuldig. Ich kenne keine Frau, egal ob sie zu Hause ist oder berufstätig ist, die sich nicht manchmal so fühlt. Ich sage also nicht, dass das Verbleiben im Berufsleben für jede das Richtige ist.
Mein Talk heute dreht sich darum, was die Botschaften sind, wenn du sehr wohl im Berufsleben bleiben möchtest. Und ich denke es gibt drei. Erstens, sitze am Tisch. Zweitens, mache deinen Partner zu einem echten Partner. Und drittens — gehe nicht bevor du gehst. Nummer eins: sitze am Tisch. Vor einigen Wochen bei Facebook hatten wir einen sehr hohen Regierungsbeamten zu Gast und er kam, um sich mit leitenden Führungskräften aus dem Silicon Valley zu treffen. Und alle saßen um den Tisch herum. Und er wurde von diesen beiden Frauen begleitet, die beide eine ziemlich hohe Position in seiner Abteilung innehatten. Und ich sagte zu ihnen: “Setzen Sie sich an den Tisch. Kommen Sie, setzen Sie sich an den Tisch.” Und sie saßen am abseitigen Ende des Raumes. Als ich im College in meinem Senior-Jahr war,hatte ich einen Kurs mit dem Namen “Europäische intellektuelle Geschichte”. So was muss man doch am College lieben. Ich wünschte, ich könnte das jetzt tun. Und ich hatte den Kurs zusammen mit meiner Mitbewohnerin Carrie, die eine brillante Literaturstudentin war — und sich zu einer brillanten Literaturgelehrten entwickelt hat — und meinem Bruder — cleverer Junge, aber ein Wasserpolo spielender Medizinstudent, der sich im zweiten Jahr befand.
Wir drei besuchten den Kurs zusammen. Carrie liest alle Bücher im Original, auf Griechisch und Lateinisch — besucht alle Vorlesungen — ich lese alle Bücher auf Englisch und besuche die meisten Vorlesungen. Mein Bruder ist irgendwie beschäftigt; er liest eines der 12 Bücher und geht zu ein paar Vorlesungen, spaziert zu unserem Zimmer ein paar Tage vor der Prüfung für eine Nachhilfestunde. Wir drei gehen zusammen zur Prüfung, wir setzen uns. Und wir sitzen da für drei Stunden — mit unseren kleinen blauen Notizbüchern — ja, ich bin so alt. Und wir gehen raus am Ende, schauen uns an und sagen: “Wie ist es bei dir gelaufen?” Carrie sagt: “Mann, ich habe das Gefühl, dass ich das Hauptargument der Dialektik von Hegel nicht gut dargelegt habe.” Und ich sage: “Gott, ich wünschte wirklich, dass ich die Verbindung zwischen John Lockes Eigentumstheorie und den nachfolgenden Philosophen geknüpft hätte.” Und mein Bruder sagt: “Ich habe die beste Note in der Klasse.” “Du hast die beste Note? Du weißt gar nichts.”
Das Problem mit solchen Geschichten ist, dass sie zeigen, was die Daten bestätigen: Frauen unterschätzen systematisch ihre eigenen Fähigkeiten. Wenn man Männer und Frauen testet und sie hinsichtlich total objektiver Kriterien wie Durchschnittsnoten befragt, liegen Männer fälschlicherweise etwas zu hoch und Frauen liegen fälschlicherweise etwas zu niedrig. Im Berufsleben verhandeln Frauen nicht für ihre Position. Eine zweijährige Studie von Menschen, die nach dem College ins Berufsleben eintreten, zeigte, dass 57 Prozent der Jungen — oder Männer — über ihr erstes Gehalt verhandeln, aber nur sieben Prozent der Frauen. Und noch viel wichtiger ist, dass Männer sich den Erfolg selbst zuschreiben, während Frauen es auf externe Faktoren schieben. Wenn man Männer fragt, warum sie erfolgreich waren, sagen sie: “Ich bin super. Offensichtlich. Warum fragst du überhaupt?” Wenn man Frauen fragt, warum sie erfolgreich waren, sagen sie, dass ihnen jemand geholfen hat, sie Glück hatten, dass sie sehr hart gearbeitet haben. Warum spielt das eine Rolle? Mann, das spielt eine große Rolle, weil niemand in die Chefetage kommt, wenn sie am Rand, und nicht am Tisch sitzen. Und niemand bekommt eine Beförderung, wenn sie denken, dass sie ihren Erfolg nicht verdienen, oder sie noch nicht einmal ihren eigenen Erfolg verstehen.
Ich wünschte, die Antwort wäre einfach. Ich wünschte, ich könnte einfach all den jungen Frauen sagen, mit denen ich zusammenarbeite, all diesen wunderbaren Frauen, “Glaubt an euch und verhandelt für euch selbst. Macht euch euren Erfolg zu Eigen.” Ich wünschten ich könnte dies meiner Tochter sagen.Aber es ist nicht so einfach. Was die Daten nämlich zeigen, mehr als alles andere, ist eine Sache —nämlich Erfolg zu haben und gemocht zu werden, die sich gegensetitig bedingen für Männer und sich für Frauen ausschließen. Und jeder nickt, weil wir alle wissen, dass das wahr ist.
Es gibt eine wirklich gute Studie, die das gut verdeutlicht. Es gibt eine berühmte Studie der Harvard Business School über eine Frau namens Heidi Roizen. Und sie ist eine Unternehmerin in einer Firma im Silicon Valley und sie benutzt ihre Kontakte, um eine sehr erfolgreiche Venture-Capitalist-Geberin zu werden. 2002 — vor gar nicht so langer Zeit — nahm ein Professor, der damals an der Columbia University war, diesen Fall und änderte ihn zu Howard Roizen ab. Und er verteilte den Fall — beide — an zwei Gruppen von Studenten. Er hat genau ein Wort verändert: Heidi zu Howard. Aber das eine Wort hat einen wirklich großen Unterschied gemacht. Er hat dann die Studenten befragt. Die guten Nachrichten sind, dass die Studenten, Männer und Frauen, dachten, dass Heidi und Howard gleich kompetent warenund das ist gut. Die schlechten Nachrichten sind, dass jeder Howard mochte. Er ist ein toller Typ, man will für ihn arbeiten, man will mit ihm einen Tag angeln gehen. Aber Heidi? Nicht so sicher. Sie ist ein bisschen sehr um sich bemüht. Sie ist ein bisschen politisch. Man weiß nicht, ob man für sie arbeiten will.Das stellt die Erschwernis dar. Wir müssen unseren Töchtern und Kolleginnen sagen, wir müssen es uns selbst sagen, um zu glauben, dass wir die Eins haben, dass wir die Beförderung anstreben sollen, dass wir am Tisch sitzen sollen. Und wir müssen dies in einer Welt tun, in der es für sie heißt, Opfer dafür zu bringen, obwohl dies für ihre Brüder nicht gilt.
Das Traurigste daran ist, dass es sehr schwierig ist, sich daran zu erinnern. Ich erzähle jetzt eine Geschichte, die wirklich sehr peinlich für mich ist, aber ich denke, dass es wichtig ist. Ich gab vor Kurzem eine Präsentation bei Facebook für ungefähr hundert Angestellte. Einige Stunden später, es gab da eine junge Frau, die dort arbeitet, sie saß draußen an meinem kleinen Schreibtisch und sie wollte mit mir reden. Ich sagte zu und sie setzte sich und wir redeten. Und sie sagte: “Ich habe heute etwas gelernt. Ich habe gelernt, dass ich meine Hand oben halten muss.” Ich sagte: “Was meinst du?” Sie sagte: “Nun, du hast diese Präsentation gehalten und du sagtest, dass du noch zwei Fragen entgegen nehmen wirst. Und ich hatte meine Hand oben, mit vielen anderen und du hast zwei weitere Fragen angenommen. Und ich habe meine Hand wieder runtergenommen und mir fiel das auch bei allen anderen Frauen auf und dann hast du mehr Fragen angenommen, nur von Männern.” Und ich dachte mir, wow, wenn ich das bin — der das offensichtlich wichtig ist — die diese Präsentation hält — und währenddessen bemerke ich noch nicht einmal, dass die Hände der Männer noch oben sind und die Hände der Frauen sind noch oben, wie gut sind wir als Führungskräfte unserer Firmen und Unternehmen darin, wahrzunehmen, dass Männer Möglichkeiten verfolgen, mehr als es Frauen tun? Wir müssen Frauen dazu bringen, sich an den Tisch zu setzen.
Botschaft Nummer zwei: mache deinen Partner zu einem echten Partner. Ich bin davon überzeugt, dass wir im Arbeitsleben mehr Fortschritt gemacht haben als im häuslichen Bereich. Die Daten zeigen dies deutlich. Wenn eine Frau und ein Mann Vollzeit arbeiten und sie haben ein Kind, erledigt die Frau doppelt so viel Hausarbeit wie der Mann und die Frau übernimmt dreimal soviel Kindererziehung wie der Mann.Sie hat also drei oder zwei Jobs und er hat einen. Wer denkt Ihr steigt aus, wenn jemand mehr zu Hause sein muss? Die Gründe hierfür sind sehr kompliziert und ich habe keine Zeit, um darauf einzugehen. Und ich denke nicht, dass sonntags Football schauen und allgemeine Faulheit die Ursachen sind.
Ich denke, die Ursache ist komplizierter. Ich denke, als Gesellschaft setzen wir Jungen mehr unter Erfolgsdruck, als wir das mit Mädchen tun. Ich kenne Männer, die zu Hause bleiben und im Haus arbeiten, um ihre Frauen bei der Karriere zu unterstützen. Und es ist schwierig. Wenn ich zu dieser Mama-und-Ich-Sache gehe und ich dann einen Vater dort sehe, stelle ich fest, dass die anderen Mamasnicht mit ihm spielen. Und das ist ein Problem, weil wir es zu einem ebenso wichtigen Job machen müssen — weil es der schwerste Job in der Welt ist — zu Hause zu arbeiten, für Personen beider Geschlechter, wenn wir Dinge ausgleichen und Frauen im Berufsleben verbleiben lassen sollen. (Applaus)Studien zeigen, dass Haushalte mit gleichem Einkommen und gleichen Verpflichtungen, auch nur eine halb so hohe Scheidungsrate haben. Und wenn das noch nicht Motivation genug für alle ist, sie haben auch mehr — wie soll ich das jetzt auf der Bühne sagen? — sie kennen sich auch mehr im biblischen Sinn.
Botschaft Nummer drei: gehe nicht, bevor du gehst. Ich denke, es existiert eine wirklich tiefe Ironiebezüglich der Aktivitäten, die Frauen unternehmen — und ich sehe das die ganze Zeit — mit dem Ziel, im Berufsleben zu bleiben, die letztendlich dazu führen, dass sie gehen. Folgendes geschieht: Wir sind alle beschäftigt, jeder ist das, eine Frau ist beschäftigt. Und sie denkt darüber nach, ein Kind zu bekommen.Und von dem Moment, an dem sie daran denkt, ein Kind zu bekommen, denkt sie darüber nach, Platz für das Kind zu schaffen. “Wie kann ich das mit dem vereinen, was ich sonst noch alles tue?” Und buchstäblich von diesem Moment an, hebt sie ihre Hand nicht mehr, strebt sie keine Beförderung mehr an, übernimmt kein neues Projekt mehr, sie sagt nicht: “Ich. Ich will das tun.” Sie beginnt, sich zurückzunehmen. Das Problem ist, dass — nehmen wir an, sie wird an diesem Tag schwanger — neun Monate Schwangerschaft, drei Monate Mutterschutz, sechs Monate um durchzuatmen — gehen wir zwei Jahre weiter, viel häufiger — und so wie ich das gesehen habe — beginnen Frauen viel eher, darüber nachzudenken — wenn sie sich verloben, wenn sie heiraten, wenn sie versuchen, schwanger zu werden, was eine lange Zeit dauern kann. Eine Frau kontaktierte mich diesbezüglich und ich schaute sie an — sie sah etwas jung aus. Und ich sagte: “Sie und Ihr Ehemann denken also darüber nach, ein Kind zu bekommen?” Und sie sagte: “Oh nein, ich bin nicht verheiratet.” Sie hatte noch nicht einmal einen Freund. Ich sagte: “Sie denken darüber viel zu früh nach.”
Aber der Punkt ist, was passiert, wenn man anfängt, sich langsam zurückzuziehen? Jeder, der dies durchgemacht hat — und ich kann euch sagen, sobald man ein Kind hat, muss der Job wirklich richtig gut sein, damit man wieder zurückgeht, weil es schwer ist, ein Kind zurückzulassen — dein Job muss eine Herausforderung sein. Er muss erfüllend sein. Man muss das Gefühl haben, einen Unterschied zu machen. Und wenn du vor zwei Jahren die Beförderung ausgeschlagen hast und ein anderer Typ hat sie angenommen, wenn du vor drei Jahren aufgehört hast, nach Herausforderungen zu schauen, wirst du gelangweilt sein, denn du hättest weiter Gas geben sollen. Geh nicht, bevor du gehst. Bleib dabei. Gib weiter Gas, bis zu dem Tag, an dem du gehen muss, um eine Auszeit für ein Kind zu nehmen — und dann triffst du deine Entscheidungen. Triff keine Entscheidungen zu weit im Voraus, besonders nicht die, von denen du noch nicht mal weißt, dass du sie machst.
Meine Generation wird leider nicht viel an den Zahlen an der Spitze ändern können. Sie bewegen sich einfach nicht. Wir werden es nicht erreichen, dass 50 Prozent der Bevölkerung — in meiner Genereation werden nicht 50 Prozent der Menschen an der Spitze einer jeden Branche sein. Aber ich habe die Hoffnung für zukünftige Generationen. Ich denke eine Welt, wo die Hälfte unserer Länder und Firmen von Frauen geführt wird, wäre eine bessere Welt. Und das ist nicht nur, weil Menschen dann wissen würden, wo die Damentoilette ist, obwohl das sehr hilfreich wäre. Ich denke, dass es eine bessere Welt wäre. Ich habe zwei Kinder. Ich habe einen fünf Jahre alten Sohn und eine drei Jahre alte Tochter. Ich möchte, dass mein Sohn eine Wahl hat, seinen Beitrag im Berufsleben oder zu Hause zu leisten. Und ich möchte, dass meine Tochter die Wahl hat nicht nur erfolgreich zu sein, sondern auch dafür gemocht zu werden.
Vielen Dank.
Weitere Infos zum Talk unter ted.com